Eigenmietwert berechnen und senken: So geht’s

10.10.2023

Der Eigenmietwert ist für viele Wohneigentümer:innen ein rotes Tuch. Eine Abschaffung steht immer wieder zur Diskussion, doch aktuell ist er Tatsache. Deshalb erklären wir dir alles, was du zum Eigenmietwert wissen musst und wie du ihn für deine Immobilie berechnest.

Eigenmietwert berechnen und senken: So geht’s

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Eigenmietwert
Wie wird der Eigenmietwert berechnet?
Berechnung des Eigenmietwerts – ein Beispiel

Wie kann ich den Eigenmietwert verringern?
Wird der Eigenmietwert abgeschafft?

Ein höheres Einkommen versteuern, als du tatsächlich hast? Als Wohneigentümer:in kann das für dich Realität sein – wegen des Eigenmietwerts. Umso wichtiger, dass du dich bei dem Thema auskennst. Wir erklären dir in diesem Blogbeitrag alles rund um den Eigenmietwert, wie du ihn berechnest und wie du ihn senken kannst.

Was ist der Eigenmietwert?

Besitzer:innen eines Eigenheims, das sie selbst bewohnen, müssen hierzulande den sogenannten Eigenmietwert versteuern. Das ist nichts anderes als ein fiktives Einkommen, das sie zu ihrem normalen Einkommen in der Steuererklärung dazurechnen müssen. Der Eigenmietwert basiert auf den geschätzten Einnahmen, den die Eigentümer:innen der Immobilie erzielen könnten, wenn sie diese vermieten würden.

Aber wieso gibt es den Eigenmietwert überhaupt? Das Ziel ist, einen finanziellen Ausgleich zwischen Eigentümer:innen und Mieter:innen zu schaffen. Denn wer sein Eigenheim selbst bewohnt, profitiert von verschiedenen Vorteilen:

  • Keine Mietausgaben
  • Steuerabzüge für Hypothekarzinsen
  • Steuerabzüge für Unterhaltskosten und energetische Sanierungen

Mieter:innen hingegen können ihre Kosten für das Wohnen nicht von den Steuern abziehen.

Gut zu wissen: Je höher die Zinsen sind, desto kleiner ist der Einfluss des Eigenmietwerts auf die Steuerrechnung. Denn bei hohen Zinsen steigen auch die Abzüge, die Eigenheimbesitzer:innen geltend machen können.

Das hat auch zur Folge, dass es sich für Eigentümer:innen steuerlich nicht lohnt, die Hypothek abzubezahlen. Denn mit der Hypothekarschuld sinken auch die abzugsfähigen Schuldzinsen, während der Eigenmietwert gleich hoch bleibt. Das Resultat ist ein höheres steuerbares Einkommen und damit auch höhere Steuern.

Wie wird der Eigenmietwert berechnet?

Die Steuerbehörde deines Wohnkantons führt die Berechnung des Eigenmietwerts durch. Dafür schätzt die zuständige Person zuerst die Marktmiete der Immobilie. Das genaue Vorgehen und die Methode sind kantonal unterschiedlich geregelt. Unter anderem werden folgende Methoden für die Bestimmung der Marktmiete verwendet:

  • Vergleich mit anderen Objekten und mit dem örtlichen Mietniveau
  • Bestimmung des Verkehrswerts
  • Amtliche Schätzung des Immobilienwerts in einem Einzelbewertungsverfahren (oft nach der hedonischen Bewertungsmethode)

Der Eigenmietwert ist immer tiefer als die geschätzte Miete. Das heisst, die Behörde zieht von der Mietschätzung einen bestimmten Prozentsatz ab, um den Eigenmietwert zu bestimmen. Auch hier hat jeder Kanton seine eigenen Bestimmungen, es gibt aber eine Untergrenze: Gemäss Bundesgerichtsentscheid muss der Eigenmietwert mindestens 60% der Marktmiete betragen.

In der Regel wird der Eigenmietwert periodisch angepasst. Wie viel Zeit zwischen Neueinschätzungen vergeht, ist aber von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Im Kanton Thurgau geschieht es beispielsweise mindestens alle 15 Jahre. Wie es dein Kanton handhabt, erfährst du bei der kantonalen Steuerbehörde. 

Falls du findest, die aktuelle Schätzung für dein Eigenheim ist zu hoch, musst du nicht warten, bis die Behörde von sich aus aktiv wird. Du kannst die Neueinschätzung auch selber anfordern.

Mehr Angaben zur Berechnung des Eigenmietwerts in deinem Kanton findest du in diesem Dokument (PDF).

Eigenmietwert für Zweitwohnungen und Ferienwohnungen

Auch für Immobilien, die du nicht ständig bewohnst, musst du den Eigenmietwert versteuern. Das gilt für Zweit- und für Ferienwohnungen.

Wenn die Liegenschaft dauerhaft ausschliesslich dir zur Verfügung steht, musst du den ganzen Eigenmietwert versteuern. Vermietest du die Wohnung, entfällt der Eigenmietwert für diese Zeit. Allerdings musst du in diesem Fall natürlich die Mieteinnahmen als Einkommen versteuern.

Berechnung des Eigenmietwerts – ein Beispiel

Wie berechnet man den Eigenmietwert und die Folgen für das steuerbare Einkommen konkret? Machen wir ein Beispiel:

Familie Brunner hat ein steuerbares Einkommen aus ihrer Berufstätigkeit von CHF 120'000.– Auf ihrem Eigenheim hat sie eine 2%-Fix-Hypothek über CHF 700’000.–, sie bezahlt also CHF 14’000.– Zinsen pro Jahr. Ausserdem rechnet sie mit jährlichen Unterhaltskosten von CHF 8'750.–, die sie von den Steuern abziehen kann.–

Da die Familie im Kanton St. Gallen wohnt, beträgt der Eigenmietwert für sie 70% der geschätzten Marktmiete. Wenn wir annehmen, dass die Marktmiete CHF 36’000.– pro Jahr beträgt, beläuft sich das fiktive Einkommen aus dem Eigenmietwert also auf CHF 25'200.–

Berechnung des Eigenmietwerts:

Steuerbares Einkommen, exkl. Eigenmietwert: CHF 120’000.–

  • + Eigenmietwert (70% von CHF 36’000.–): CHF 25’200.–
  • – Hypothekarzinsen: CHF 14’000.–
  • – abzugsfähige Unterhaltskosten: CHF 8’750.–
  • = Steuerbares Einkommen, inkl. Eigenmietwert: CHF 122’450.–

Der Eigenmietwert lässt das steuerbare Einkommen der Familie Brunner um CHF 2’450.– steigen. Sie zahlt entsprechend leicht höhere Steuern und würde von einer Abschaffung profitieren.

Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass sich der Steuereffekt für die Familie Brunner schon bei leicht höheren Zinsen umdrehen würde. Allerdings wäre dann die direkte Zinsbelastung für die Hypothek höher. Das Haushaltsbudget wird also nicht unbedingt entlastet.

Wie kann ich den Eigenmietwert verringern?

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie du den Eigenmietwert für dein Eigenheim verringern kannst: 

  • Du kannst eine Unternutzung geltend machen
  • Du veranlasst eine Anpassung der Einschätzung.

Unternutzung

Unternutzung bedeutet, dass du nicht (mehr) deine ganze Immobilie nutzt. Zimmer, die du nie nutzt, fliessen nämlich nicht in die Berechnung ein. Wenn also beispielsweise deine Kinder ausziehen und ihre Zimmer leer stehen, kannst du den Eigenmietwert senken lassen.

Aber: Du darfst die Zimmer für nichts verwenden – weder als Gästezimmer noch als Lagerraum. Und du musst das den Steuerbehörden glaubhaft machen können. Ein möbliertes Zimmer weist zum Beispiel in der Regel auf eine Nutzung hin. Die Behörde überprüft dies teilweise mit einem Besuch vor Ort.

Neueinschätzung

Eine weitere Möglichkeit, den Eigenmietwert zu senken, bietet dir eine genaue Überprüfung der Einschätzung. Denn es kann vorkommen, dass die Einschätzung des Kantons eigentlich zu hoch ist. Oder dass sich der Wert deiner Immobilie verringert – beispielsweise durch eine Verkleinerung des Grundstücks.

Prüfe deshalb unbedingt den Eigenmietwert ganz genau und erhebe bei Bedarf Einsprache. Mit einer soliden Immobilienbewertung hast du fundierte Argumente.

Wird der Eigenmietwert abgeschafft?

Seit Jahrzehnten sorgt der Eigenmietwert für heftige Diskussionen in der Politik. So wird auch immer wieder über seine Abschaffung abgestimmt. Bisher sagten Parlament oder Stimmvolk aber immer «Nein».

Aktuell diskutiert das Parlament über eine neue Lösung. Der Nationalrat hat im Juni 2023 einen neuen Vorschlag für die Abschaffung des Eigenmietwerts an den Ständerat überwiesen.

Die Vorlage beinhaltet eine Abschaffung des Eigenmietwerts auf selbstgenutztem Wohneigentum. Ausserdem würden steuerliche Abzüge für Unterhalts-, Versicherungs- und Verwaltungskosten gestrichen werden. Zusätzlich möchte die Vorlage steuerliche Abzüge von Energiesparinvestitionen auf Bundesebene streichen und den Abzug von Schuldzinsen reduzieren.

Stimmt der Ständerat der Vorlage zu, wird das Stimmvolk mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder das letzte Wort über die Abschaffung des Eigenmietwerts haben.